Maillol, Aristide, Maler und Bildhauer (1861-1944).

Eigenhändiger Brief mit Bleistift- und Federzeichnung 8ca. 12,5 x 12,5 cm) sowie U. Marly-sous-Bois, 5. IV. 1905, 8°. 4 Seiten. Doppelblatt. Unter Glas doppelseitig gerahmt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Wunderbarer Künstlerbrief an den Architekten und Designer Henry Van de Velde über eine Skulptur für den Musiksalon von Kurt von Mutzenbecher (1866-1938) in Wiesbaden (das Haus wurde im 2. Weltkrieg zerstört). Mutzenbrecher war als kultivierter Kosmopolit und Sammler moderner Kunst mit Eberhard von Bodenhausen und Harry Graf Kessler befreundet. Nachdem Henry Van de Velde bereits die gesamte Innendekoration von Mutzenbrechers Berliner Villa gestaltet hatte, wurde er 1903 beauftragt, auch die Ausstattung einzelner Zimmer im Wiesbadener Wohnsitz zu übernehmen. Van de Velde beauftragte Maurice Denis mit den Wandgemälden und Maillol mit der Kamingestaltung, während er selbst die Möblierung entwarf. Maillol fertigte mehrere Skizzen an, war aber nicht zufrieden damit. Der vorliegende Brief befasst sich mit Materialfragen besonders über den Einsatz von kostpieligem Marmor „azurin mais qui est diablement dur“. Überdies schlägt er weicheren Naturstein vor: „au lieu d’une statue accroupie un grand bas relief qui pourrait être ou très plat ou tout a fait en ronde bosse […] que de la pierre tendre – car ce serait grandeur nature – vous mettrez une glace dessus – je vous demande simplement votre avis car je ne suis décidé a rien encore et […] vous envoye le croquis definitif […] mais j’aimerai avoir un mot de vous sur ces questions: 1 Pourrait-on au besoin employer le marbre 2 pourrait-on faire un bas relief 3 La base de la statue pour le croquis ci-dessus ou autre porrait-elle avoir 1 mettre au besoin […]“. Zur Illustration seines Vorschlags fügte er seinem Brief eine Zeichnung mit der Bildunterschrift „voici mon dernier croquis pour pierre dure“ ein. Dargestellt ist eine halbliegende Frau, ein Ellenbogen auf dem Boden, ein Knie angehoben, das andere Bein unter sich angewinkelt. Nachdem Van de Velde diesen Vorschlag nicht akzeptierte, schuf Maillol die Skulptur einer hockenden Frau. Indes verwarf Maillol seine hier vorgestellte Idee keineswegs. Er verwendete nämlich den Entwurf für die heute verlorene Monumentalskulptur „Sérénité“, die als Gartenschmuck für die Villa Hohenhof von Karl Ernst Osthaus in Hagen diente, welche ebenfalls von Henry Van de Velde ausgestattet wurde. – Provenienz : Henry Van de Velde, sein Sohn Thyl Van de Velde, anschließend Privatsammlung. – Dokumentation liegt bei. – Vgl. zum Umfeld: Carina Schäfer, Theaterintendant mit Faible für die französische Kunst. Die Sammlung Kurt von Mutzenbrecher in Wiesbaden. In: Die Moderne und ihre Sammler. Hrsg. von Andrea Pophanken und Felix Billeter 2001. S. 95-124.