Goethe-Kreis – Carl August, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757-1828).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Weimar, 1. I. 1816, 4°. 2 Seiten. Doppelblatt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Aufmunternder Brief an den preußischen General Ludwig von Borstell (1773-1844) in Magdeburg, der von einem Kriegsgericht wegen Ungehorsams zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt worden war; Borstell hatte sich 1815, nach einer Meuterei sächsischer Truppen in Lüttich, Blüchers Befehl widersetzt, die sächsischen Fahnen verbrennen zu lassen. Carl August, der über die kurz bevorstehende Begnadigung und Beförderung Borstells Bescheid weiss, lässt durchblicken, daß alles gut werden wird: „[…] Diese geschichte ist alzu merkwürdig für künftige geschichte als daß man sie nur Einmahl überlesen solte. Es ist vor der Hand nichts weiter darüber zu sagen, als daß es bedauerl. ist, daß ein Mann von Ihren ausgezeichneten Verdiensten, in eine solche Verlegenheit kommen konnte; daß es möglich war, zweklose überflüssige Brutalitäten zu handhaben, u. zwar in einem Augenblicke, wo die strengste Billigkeit in Gesinnungen, Urtheilen u. Handlungen, mit deren herrschenden liberalen Begriffen, gleichen Schrittes geben solte. Wenn Ew. Exellenz von Natur leichtsinniger wären als sie es sind, so wie Ihnen vielleicht bey dem empfang des 1. Befehls ein Schwang id est, eine lustige tournure eingefallen, mit der Sie Blüchers u. Consorten Befehl eludirt hätten; das hat aber indessen das Schiksal nicht gewollt, u. darüber ist nun weiter nichts zu sagen. Die Sache ist, meiner Neigung nach, vorbey! ohne Schaden zu stiften kann sie nicht verlängert werden. ‚Sie sind das Opfer des glückl. Feldherrn!‘ gewesen. Eben gewesen. So wird gewiß Jedermann Urtheilen. Wie viele vor Ihnen sind zur Vestungsstrafe, zu Cassation, &.c. verdammt worden, u treten doch hintendrein wieder in die Laufbahn auf welcher sie sich großen Ruhm, die Liebe u. das zutrauen Ihres Monarchen, u. Ihrer Nation erworben. Die Geschichte ist voll von dergl. vorfällen. Es sind ja Leute lebendig begraben worden, die wieder heraus kamen, u. hintendrein noch lange, gesund u frie[d]lich lebten. In diesem Sinne beurtheilen Sie sich selbst u. Ihr Schiksal: dieses wage ich Ihnen als ein sehr guter, u. sehr treuer danckbarer Freund zu rathen. Sie können, wenn Sie wollen, gelegentl. meinen Brief den Gen. Kleist v. Nollendorf lesen laßen, u. ihn um seine Meinung fragen, ich glaube Er wird mich nicht widersprechen […]“ – Borstell trat seine Strafe im Dezember 1815 an, wurde jedoch bereits im Januar 1816 auf Fürsprache Blüchers von König Friedrich Wilhelm III. begnadigt und zum kommandierenden General in Ostpreußen ernannt.