Goetheforscher – Düntzer, Heinrich, Philologe (1813-1901).

385,00 

2 eigenhändige Briefe mit Unterschrift Köln, 28. XII. 1862 und 17. IV. 1863, Gr.-8°. Zus ca. 4 Seiten. Doppelblätter.

Vorrätig

Beschreibung

An Woldemar von Biedermann. – I. „[…] Da die Preußische Regierung mich zu den Todten geworfen hat und alle meine Versuche zur akademischen Wirksamkeit, die mein eigentlicher Beruf, zurückzukehren, an ihrer Hartnäckigkeit gescheitert, so lebe ich noch immer in Köln, wohin ich im Jahre 1846 bei völliger Aussichtslosigkeit an der rheinischen Universität befördert zu werden, zurückgekehrt bin. Daher kam Ihre so höchst willkommene Sendung mir erst so spät in die Hände […] Ihre Ausführungen über Goethes christliches Trauerspiel, über das ich kurz im Weimarer Sonntagsblatt gesprochen, war mir höchst angenehm. Wegen des Elpenor muss ich gestehen Bedenken zu tragen; er scheint mir wirklich rein erfunden. Lehrreich ist, was Sie über den Triumph der Empfindsamkeit beigebracht haben. Über Stella muß ich die in meinen Erklärungen zu Goethe (Heft VIII) entwickelte Ansicht für die einzig richtige und dazu für die Beurteilung Goethes, höchst bedeutend halten. Eine erfreuliche Bereicherung war mir Ihre Nachweisung von Goethes Beziehungen zum sächsischen Erzgebirge. Solche eingehende Studien, wie Sie Goethe zugewandt haben, sind nöthig, um den ins Unendliche gehenden Stoff zu einem gewissen Abschluss zu bringen. Gäbe es nur in unserem lieben Deutschland einen Goetheverein, der ähnlich wie die englischen Shakespearegesellschaften für Förderung unserer Kenntnis des Dichters sorgte. Der Schillerverein sollte in dieser Beziehung für Schiller und seinen großen Freund eintreten, damit Kundige und Befähigte sich zusammenthun und sich planmäßig dieser großen Aufgabe widmen könnten. Aber daran ist wohl kaum zu denken. Bei uns muß jeder auf eigene Hand thun, und sehn was ihn gelingen mag, aber zugleich wohl gefasst sein, daß Halb- oder Unkunde sein mühsam gewonnenes reifes Ergebnis verspotten und mit windigen Gründen in die Luft zu sprengen sich anschickt […] Auf sich selbst und seine eigene Kraft zu sehn, dazu hat mich unser Meister angeleitet, als dessen herrlichste Offenbarung ich das Wort verehre: ‚Edel sei der Mensch, hilfreich und gut!‘ […]“ – II. „[…] Einen so kundigen und warmen Verehrer Goethes zu begrüssen kann mir nur höchst erwünscht sein und sehe ich diesem Augenblick mit Verlangen entgegen. Ihre Ansicht über Elpenor will ich nach einiger Zeit noch einmal in ihrer ganzen Ausführung auf mich wirken lassen; bis jetzt kann ich noch immer nicht zustimmen, sondern glaube, daß Goethe wirklich den Stoff im Gegensatz zu Iphigenie erfunden. Den von Ihnen bemerkten Irrthum in Betreff der Goethe’schen Iphigenie habe ich schon in meiner Schrift ‚Schiller und Goethe‘ zurückgenommen […] Wie kam aber auch Frau von Gleichen zu diesem Herausgeber? Mit den Nachkommen unseres großen Dichters steht es etwas wunderlich. Das Werk über Sulpiz Boisserée hat mir Veranlassung zu einem Artikel ‚Goethe und Sulpiz Boisserée‘ gegeben, den ich für das Morgenblatt bestimmt habe. Meine Behauptung über Anna Sibylle Münch habe ich in einem Artikel für die Blätter für litterarische Unterhaltung gegen Viehoffs unbefugte Verdächtigung verteidigt […] Einen Aufsatz über Bessers Familie und Goethes Werther bestimme ich für das Bremer Sonntagsblatt […]“