Mann, Erika, Schriftstellerin; älteste Tochter von Thomas Mann (1905-1969).

1.000,00 

Maschinengeschriebener Brief mit Eigenhändigen Korrekturen und Unterschrift Pacific Palisades, 15. XII. 1951, Gr.-4° (28 x 21,5 cm).3 Seiten auf 3 Blättern.Luftpostpapier. Mit Umschlag.

Vorrätig

Beschreibung

An den Germanisten Klaus W. Jonas: „[…] mein Vater […] findet sich aber zur Zeit so ueberbuerdet, dass er nicht imstande ist, ihn persoenlich zu beantworten. Ich soll, so gut es geht, versuchen, Ihre Fragen zu erwidern und zwar bin ich zunaechst beauftragt, Ihnen zu sagen, dass T.M. recht schwankend ist in Bezug auf die Wuenschbarkeit der von Ihnen geplanten Uebersicht ueber eine Reihe von alten Kontroversen sehr ungleichen Gewichtes, von teilweiser geringer Bedeutung und zu anderen Teilen geeignet, antiquierten Staub nutzlos wieder aufzuwirbeln. Selbst wenn Sie aber trotz seinen Bedenken, von denen er Sie eben nur Kenntnis zu nehmen bittet, an diesem Teil Ihres Projektes festhalten wollen, koennen wir Sie nur aeusserst fragmentarisch informieren. | Zu 1.): Der Literaturkritiker Lublinsky hatte im Berliner Tageblatt eine Besprechung der ‚Buddenbrooks‘ veroeffentlicht, die nicht nur damals Aufsehen erregte, sondern mittlerweile als gewissermassen prophetisch in die deutsche Literaturgeschichte eingegangen ist. Dass naemlich dieser erste Roman eines 25Jaehrigen dazu bestimmt sei, zum Klassiker zu werden und von Generation nach Generation als solcher gelesen werden wuerde, hatte L. – so ziemlich als einziger – auf der Stelle erkannt und wiewohl T.M. selbst weit davon entfernt war, die Schicksale des Buches vorauszusehen, fuehlte er sich seinem ‚Propheten‘ dankbar verbunden. Als daher Dr. Lessing aus heiterem Himmel und in der mesquinsten Weise (vom Standpunkte des antisemitischen Juden) oeffentlich ueber Lublinsky herfiel, widmete er diesem eine Verteidigungsschrift, die, nach der Natur der Dinge, auf eine Polemik gegen Lessing hinauslaufen musste […] | Zu 2.): Es war aus buchtechnischen Gruenden der Wunsch von S. Fischer gewesen, dass T.M. fuer die Gesamtausgabe eine erheblich gekuerzte Version der ‚Betrachtungen‘ herstelle. T.M. hatte versprochen, alles Streichbare zu eliminieren, war aber dann zu der Einsicht gelangt, dass de facto nur sehr wenig in Wegfall geraten koenne, ohne dass das Buch zu Schaden kaeme. Was er in der Hauptsache ’strich‘, oder sehr verkürzte, war die Polemik gegen den ‚Zivilisationsliteraten‘, die ihm ohnedies zum Zeitpunkt des Neuerscheinens gefuehlsmässig nicht mehr entsprach. Der Grund-Charakter und die Haltung des Buches wurden durch diese geringen Kuerzungen durchaus nicht beruehrt, und wenn alsbald Nazi-Vorläufer [Arthur Hübscher] die Behauptung in die Welt setzten, es habe der Autor opportunistischer Weise die Arbeit durch Streichungen in ihr Gegenteil verkehrt, so logen sie, wie mit jeder anderen Behauptung. […] | Zu 5.): die ganze Affaire um T.M.s Wagnervortrag ist weithin bekannt, ohne dass wir saemtliche ‚Unterlagen‘ im Hause haetten. Der bekannte ‚Protest der Wagnerstadt Muenchen‘ ist mit all seinen erstaunlichen Unterschriften kuerzlich innerhalb eines Vortrages zitiert worden […]“ – Vgl. Klaus W. Jonas, Drei Generationen Familie Thomas Mann. 2014. Nr. 51 und Kommentar.