Mann, Heinrich, Schriftsteller (1871-1950).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Nizza, Hôtel de Nice, 30. III. 1933, Gr.-4°. 1 1/2 Seiten.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Bedeutender, früher Exilbrief an den Dramaturgen Heinrich Glücksmann (1864-1947) in Wien: „[…] Ihr Glückwunsch ist mir sehr werthvoll, ich danke Ihnen für Ihre freundliche Gesinnung und Ihre Zustimmung. Sie denken wohl daran, dass man sich in meiner Lage etwas verlassen und hinausgedrängt fühlt. Die Freiheit, sich öffentlich zu äussern, besteht für meinesgleichen in Deutschland nicht mehr, die Möglichkeit zu verdienen kaum noch. Ich frage mich, wo eines meiner Stücke gegenwärtig gespielt werden könnte, und finde nur Wien. Ich habe wohl meine Hauptarbeit nicht für die Bühne gethan, aber mehrere meinert Stücke hatten doch viel Erfolg, so ‚Madame Legros‘ die 1922-3 im Burgtheater war. Würden Sie dem Volkstheater die Wiederaufführung empfehlen können? Noch zeitgemässer wäre ‚Der Weg zur Macht‘, das ist der Aufstieg des jungen Bonaparte, durch Nacht zum Licht, eine Sache, die düster beginnt und hell endet. Das Stück wurde unter Zeiss in München oft gespielt, und nur Besetzungs-Schwierigkeiten verhinderten damals, dass es auch bei Mainhard und Bernauer in Berlin herauskam. Drittens denke ich an ‚Schauspielerin‘, einen Dreiakter, mit dem Tilla Durieux jahrelang auf Gastreisen volle Häuser machte. Da sie jetzt wieder auftritt, unterhielten wir uns neulich darüber, ob sie nicht auch diese Rolle nochmals spielen solle. Sie hatte Lust und war nur im Zweifel, ob sie der Rolle inzwischen nicht entwachsen sei. ich habe mich aber überzeugt, dass sie im Besitz aller ihrer Mittel und durchaus noch die jugendliche Kraft ist, die sie immer war […] Ich weiss natürlich, dass auch der einflussreichste Dramaturg nur anregt […] Ihre Nachrichten erreichen mich vorläufig hier in Nizza. ich möchte Sie aber bitten, meinen Aufenthalt nicht weiter bekannt zu machen. Mein Lage legt mir Zurückhaltung auf […]“ – Heinrich Mann, bereits vor 1933 einer der prominentesten Gegner der Nationalsozialisten, hatte Deutschland am 21. Februar, eine Woche vor dem Reichstagsbrand verlassen und gelangte über Sanary-sur-Mer nach Nizza, wo er bis 1940 seinen Wohnsitz haben sollte. Bereits am 14. Februar 1933 wurde er aus der Berliner Akademie der Künste ausgeschlossen und im August 1933 wurde ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Mann stand auf der Ersten Ausbürgerungsliste des Deutschen Reichs von 1933. – Gut erhalten.