Benn, Gottfried, Schriftsteller (1886-1956).

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Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „B.“. Ohne Ort (Berlin), 14. VIII. 1933, Gr.-8° (22 x 14 cm). 4 Seiten. Doppelblatt. Mit eigenhändigen Umschlag.

Vorrätig

Beschreibung

An die Journalistin Käthe von Porada (1891-1985) in Forte dei Marmi di Lucca, Pension Regina. Der fünfzehnte Brief der Folge: „Dank für Ihren lieben Brief. Ihr Katarrh macht mir Kummer. Was ist das für ein Katarrh? Wo sitzt er? Bronchien oder Hals? Haben Sie Temperatur? Husten Sie? Ich war 3 Tage in Warnemünde, habe gebadet, war herrlich. Kam heutemittag zurück. Da der Ozean einheitlich ist und seine Wassermenge ohne Grenzen und Zollschranken und sich flutenweit vermischen kann, haben wir vielleicht in einer Welle gebadet wenn es dann noch die Welle war. (‚Wir steigen in die selben Flüsse und es sind doch nicht mehr dieselben Flüsse, wir sind und sind auch nicht‘ – Heraklit.) | Haben Sie richtig gelesen: ‚Stier unter Fackelhaltern‘ ? | Nach Norden reise ich Ende August, Anfang September, es sei denn, dass meine Tochter Nele herkommt. Ich zittre davor, vor beidem, ich als Vater: völlig widernatürlich, gezwungen, Prokrustesbett. | Haben Sie eigentlich in Paris noch Frl. [Martina] Bally besucht? Oder war sie schon fort? Sie schreibt mir heute aus Bagnoles (Normandie), wo sie den letzten Monat war, fährt aber bald heim nach Paris. – Dies ist wohl der letzte Brief nach Forte. Wie viel Geld haben Sie denn noch von Ihrem Vermögen? Hat das rote Kleid was eingebracht, vom Spesenstandpunkt aus betrachtet? Ich meine Gefallen, Glück, Furore, Sensation? Ich meine manches, aber alles im Rahmen und in Proportion zum ‚reizenden Geschöpf‘, das ich so verehre und von dem ich sicher bin, dass es die zarteste und kultivierteste Lady ist am Tyrrhenischen Meer. Und der ich mich zu Füßen lege als ihr treuer Bernhardiner […]“ – Auf den Innenseiten des Doppelblattes links eigenhändig: „Gedicht für Kati [roter Buntstiftpfeil] | herbstlich, | südlich. | (wieviel Schwere braucht man, um sich – | zu erheben) | (Leichte Leute schweben nie) | 14. 8. 33.“ Rechts maschinenschriftlich das Gedicht (9 x 4 Zeilen): „Durch jede Stunde | durch jedes Wort | blutet die Wunde | der Schöpfung fort | verwandelnd Erde | und tropft den Seim | ans Herz dem Werde | und kehret heim […] Ein Tausch, ein Reigen, | ein Sagenlicht, | ein Rausch aus Schweigen – | mehr giebt es nicht.“ – Druck: Meine Begegnung mit G. B., S. 133 ff.: „Abgesehen von verschiedentlich abweichender Interpunktion hat die gedruckte Fassung in 8,1 Treue den Reichen und in 8,3 Treie dem Zeichen.“ – Martina Bally, eine Cousine von Benns erster Frau Edith, lebte als Malerin 1926-39 in Paris.