Heuss, Theodor, Publizist und Politiker (1884-1963).

450,00 

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „Dein Theodor“. Hohenaschau, Kurhaus Dr. Fahsel, 10. VII. 1950, Fol. 2 Seiten, mit gedrucktem Briefkopf.

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Beschreibung

Schöner Brief an Marie Mück in Heilbronn, die Witwe des 1936 verstorbenen Friedrich Mück, eines der engsten Freunde von Theodor Heuss, über die postume Zurücknahme des Kriegsverbrecherurteils gegen Richard Drauz: „[…] Mit dem unseligen Fall Drauz bin ich schon vor Monaten einmal befaßt worden – einer meiner Herren hat deshalb auch mit einer französ. Stelle Fühlung genommen. Aber da die Inanspruchnahme in solchen Fällen in die Hunderte, mit den deutschen Sonderdingen in die vielen Tausende geht, weiß ich im Augenblick nicht, wie der Komplex steht. Da auch meine Sachbearbeiter z. Zt. im Urlaub, kann die Sache erst nach der Rückkehr wieder angefaßt werden […]“. – Richard Drauz (1894-1946) war seit 1932 NSDAP-Kreisleiter von Heilbronn, seit 1933 auch Politischer Kommissar für das Oberamt Heilbronn, Mitglied des Heilbronner Gemeinderats und Stellvertreter des Oberbürgermeisters Heinrich Gültig. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges hatte der SA-Sturmbannführer zahlreiche Gräueltaten und standrechtliche Erschießungen zu verantworten, seine Politik der „verbrannten Erde“ hatte die nahezu vollständige Zerstörung Heilbronns zur Folge. Ein amerikanisches Militärgericht verurteilte ihn im Dezember 1945 zum Tode, am 4. Dezember 1946 wurde er in Landsberg am Lech hingerichtet, genau zwei Jahre nach der Zerstörung Heilbronns. 1949/1950 wurde Drauz in einem postumen Entnazifizierungsverfahren vor der Zentralspruchkammer in Ludwigsburg zwar als Hauptschuldiger eingestuft, die sonst übliche Sühneleistung des Nachlasseinzugs wurde aber durch einen Gnadenerweis in eine feste Summe von 1000 DM umgewandelt. – Heilbronn galt für Theodor Heuss, den ersten Bundespräsidenten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, als Heimatstadt, obgleich er hier nicht geboren wurde. Marie Mücks Ehemann Friedrich war Vorstand der Handels- und Gewerbebank Heilbronn und Mitglied der DDP. 1933 wurde der liberale Bankier denunziert, kam kurzzeitig in Haft und blieb, „depressiv und gequält“ (Bernhard Müller), bis zu seinem Tod 1936 im Amt. – Vgl. Bernhard Müller, „Sparsamkeit“ und „Capitalbildung“ – zur Geschichte der Banken und Sparkasse in Heilbronn. Heilbronn 2016, S. 323 f.; Theodor Heuss, In der Defensive. Briefe 1933-1945. Hrsg. und bearb. von Elke Seefried. München 2009, S. 601.