Album amicorum -, .

„Freunden gewidmet von Ernestina Wilhelmina Hafter“. Stammbuch der Tochter des Dresdner Feldschers und Chirurgen Ernst Wilhelm Hafter. Dresden, Leipzig, Düben, Langensalza, Naumburg, Grimma, Wittenberg u.a., 1800-1844, Qu.-8° (11,5 x 19,5 cm). Ca. 142 Blatt (2 lose) mit 94 Eintragungen, 2 farbigen Tuschzeichnungen, darunter der Titel mit floraler Umrahmung, 8 Aquarellen bzw. aquarellierten Umrisskupfern, 1 Bleistiftzeichnung, 3 Haarlocken, 1 Stickbild und 1 getrockneten Eichenblatt mit Applikation. Goldgeprägtes braunes Ldr. d. Zt. mit Rvg. und dreiseitigem Goldschnitt..

Nicht vorrätig

Beschreibung

Reich illustriertes Stammbuch der Dresdnerin Ernestine Wilhelmine Hafter (1783- nach 1844), mit schönen Beigaben und interessanten Bezügen zur Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 sowie zum Verwandtenkreis Friedrich Gottlieb Klopstocks (1724-1803). – Hervorzuheben sind neben dem reizenden ganzseitigen Stickbild die fein ausgeführten aquarellierten Ansichten von Dresden und „Sieben Eichen bei Meißen“, jeweils in goldgeprägter Umrahmung, eine Landschaft in Russland (mit russischer Bildunterschrift) sowie aquarellierte Ansichten von Tharandt und Moritzburg, signiert von (Christian Gottfried) Jüch(t)zer (1752-1812), Modelleur in Meißen. – Die Eintragungen um 1813/1814 stammen von österreichischen und russischen Offizieren, die an der Völkerschlacht zu Leipzig teilnahmen, etwa am 22. III. 1814 „Haysenwein Lieut. des k.k. Inf. Rgt. Baron Zach“. Weitere Eintragungen am 1. IX. 1813: Frederic Auguste Bormann, Bezirksarzt von Grimma, sowie am 31. XII. 1813 Lieutnant Liebeneiner, Offizier des königlichen Zweiten Ulanen-Regiments, der sich zum Zeitpunkt des Eintrags im Lazarett in Grimma befunden haben dürfte. Er schrieb sich recht ungelenk mit der linken Hand ins Stammbuch ein, da in der Schlacht bei Leipzig sein rechter Arm „durch das Kartätschenfeuer“ zerschmettert und noch auf dem Schlachtfeld amputiert worden war. Sehr wahrscheinlich kam Ernestine Hafter mit ihnen über ihren Vater, den Feldscher Ernst Wilhelm Hafter in Kontakt, der sich ebenfalls ins Stammbuch eingetragen hat, und war als Krankenpflegerin tätig, worauf der Eintrag am 25. VI. 1814 hindeutet: „Winsche Innen Wol Leben und vergessen si mich nich Russische Dynste Lieitenant Romanowitsch Smolensk: Infanterie Riegement gboren auf Kiew Tschernigow. gubernowan von Schtat Niyschun […]“. – Die weiteren Eintragungen lassen auf Bezüge zu den Verwandten des Dichters F. G. Klopstock schließen, etwa am 15. IX. 1804 von Victoria Wilhelmina Weiss geb. Schmidt (1758-1818), Tochter des Geheimen Rates Johann Christoph Schmidt, seit 1778 verheiratet mit dem Kaufmann Christian Andreas Weiss in Langensalza und Nichte der von Klopstock angebeten „Fanny“, Tochter des Kammerpräsidenten Schmidt, des Nachfolgers und Freundes von Johann Wolfgang von Goethe. Am 11. X. 1804 hat sich Friderique Weiss (1785-1842 Weimar) eingetragen, ebenfalls eine Verwandte Klopstocks, verheiratet mit dem Politiker Karl Friedrich Anton von Conta (1778-1850 Weimar), Mutter der späteren preußischen Generäle Carl Richard und Karl Bernhard von Conta. Auch Johann Christian Weiß (1779-1850), der sich 18. IX.1804 eintrug, war mit Klopstock verwandt, er selbst eine bahnbrechende Unternehmerpersönlichkeit, der nach englischem Vorbild die Kammgarnspinnerei in Deutschland entwickelte. – Ferner haben sich u.v.a. eingetragen: Henriette Wilhelmine Nicolai (1789-1848) am 16. XI.1806, Gattin des Komponisten Gottfried Wilhelm Fink (1783-1846) und Mutter der Pianistin Charlotte Fink (1818-1843), bekannt „in der häuslichen Musikpflege und bei Privatkonzerten Leipzigs im Vormärz“; Friederike von Schlieben (1779-1842) am 15. IX. 1804, Tochter des Langensalzaer Bürgermeisters Johann Martin Keil , Tante des späteren Herausgebers der „Gartenlaube“, Ernst Keil (1816-1878); Friedrich Ernst Emanuel Rettmeyer (1765-1807) am 9. X. 1806, Stadtphysikus in Naumburg, ein Freund Schillers und Mitglied des Liebhabertheaters in Jena, dem sich Friedrich Schiller besonders verbunden fühlte. – Vgl. Johann David von Dziengel, Geschichte des königlichen Zweiten Ulanen-Regiments, 1838, S. 340; Christian Gottlieb Lorenz, Die Stadt Grimma im Königreiche Sachsen, Bd. 2, S. 1092ff.; Briefe an Goethe, Gesamtausgabe in Regestform, 1764-1819; Ehrenkrook, Genealogisches Handbuch des Adels, 1980, Bd. 73, S. 4; Friedrich Blume, Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 4, 1955, Eintrag Fink; Justus Perthes, Gothaisches genealogisches Taschenbuch der adeligen Häuser, 1920, Bd. 21, S. 759; Heinrich Bosse, Jenaer Liebhabertheater, Jahrbuch der Schillergesellschaft Bd. 15, 2007, S. 117ff. – Einband etwas berieben, ein Blatt mit Textausschnitt, stellenweise leicht fingerfleckig, sonst sehr gut erhalten.