Album amicorum -, .

Stammbuch des Gütersloher Pastors Christian Ludwig Schlüter. Halle, Herford, Gütersloh, Lippstadt, Merseburg, Dankersen, Neukirch u.a., 1763-1772, Mit 1 kolor. Tuschzeichnung. 65 Bl. mit Eintragungen auf zusammen ca. 125 Bl. Ldr. d. Zt. mit reicher Goldprägung, Bordüren und Monogramm „C. L. S.“, Goldschnitt (etwas bestoßen).

Nicht vorrätig

Beschreibung

Vgl. Messekatalog Stuttgart 2016. – Ein bemerkenswertes Stammbuch, mit zwei der frühesten und äußerst seltenen handschriftlichen Zeugnisse Gottfried August Bürgers (1747-1794). Die Briefausgabe von Joost/Wargenau kennt nur einen früheren Beleg, und zwar einen Stammbucheintrag aus Halle 1760, dann erst wieder zwei weitere Albumblätter aus Halle 1765, jedoch nicht den hier vorliegenden Eintrag. Der nächste laut Joost/Wargenau bekannte und im Besitz der SUB Göttingen befindliche Beleg ist ein Stammbuchblatt, datiert Halle 23. IV. 1766, auf dessen Rückseite sich der Halter des hier angebotenen Album amicorum verewigt hat: „C. L. Schlüter studioso in Theologia della Vestphalia“. Bürger, der bis 1768 in Halle studierte und dann an die Universität zu Göttingen ging, war in Halle demnach ein Freund und Kommilitone C. L. Schlüters (1746-1826), der später als Pfarrer in Gütersloh und als einer der wichigsten Verbreiter des Pietismus in Norddeutschland wirkte. – Bürgers Einträge in Schlüters Album amicorum sind zudem von besonderem Interesse, da er ironischen Bezug auf Friedrich II. nimmt. In der Manier der Hallenser Studenten datiert mit „Saal-Athen den 11.hujo 1765“ schreibt er, ein Gedicht von Christian Felix Weiße zitierend: „Noch wallt die Freud in meiner Brust / Noch hab ich viel zu leben lust / Wenn mich die Parcen nicht vertreiben / doch daß ich winselnd Abschied nähm / Wenn schon zu früh die Parce käm / das lasse ich wohl bleiben.“ Darunter die Bitte: „Schätzbahrer Freund, hiebey erinnere dich auch in der Entfernung an deinen aufrichtigen Freund Gottfr. Aug. Bürger aus d[em] Halberstädt[ischen] d[er] G[ottesgelahrtheit] Befl[issenen]“. Als „Symb[olum]“ wählt Bürger den Spruch aus Vergils Georgica (III, 284) „fugit irreparabile tempus“. Darüber hinaus hinterlässt Bürger einen zweiten Eintrag auf der Vorderseite des Blattes, ganz ähnlich wie Schlüter nur wenig später im April 1766 sich im oben erwähnten Stammbuch auf der Rückseite von Bürgers Widmung einschreibt. Hier nun kommentiert Bürger das „Halle, le 16eme 10bre 1765“ datierte Stammbuchblatt eines „sincere Ami et Frere J. J. Kaiser de l’Alsace“, der unter dem Titel „Phil. de Sans-Souci“ nicht frei von Ironie auf Friedrich II. verweist. Das kommentiert Bürger in französischer Sprache folgendermaßen: „C’etoit un homme fola- | tre, qui n’avoit rien | qu’un coeur impudent | et un peu de philosophie fanatique | Dieux le convertisse“. Dieser Kommentar ist nicht eigenhändig signiert, ein Vergleich von Schrift und Tinte mit dem auf der Blattrückseite befindlichen signierten und datierten Haupteintrag Gottfried August Bürgers machen jedoch deutlich, dass dieser Friedrich-Kommentar nur von dessen Hand stammen kann. – Zwei Drittel aller weiteren Einträge in Schlüters Album stammen von Studenten der Universität Halle und der Franckeschen Stiftungen, darunter F. L. Buddaeus, Gottlob Benedikt Schirach (1743-1804, Historiker, dänischer Legationsrat und Publizist), Andreas Johannes Then-Bergh (1743-? in Australien, ein Bruder des späteren Richters und Landsyndikus von Bodelschwingh Gisbert Johannes Then-Bergh), Johann Friedrich Wesselmann (1735-1798, Rektor des Gymnasiums in Herford und Pfarrer in Minden) sowie der Jurist J. F. Brockhaus (1746-1767). Ferner: Albrecht August Borgstede (1757-1824, Direktor der Berliner Akademie der Wissenschaften), der Philosoph Johann Friedrich Stiebritz (1707-1772), den Rektor des Friedrichsgymnasiums in Herford Johann Heinrich Höcker (1725-?) sowie den Gymnasialprorektor in Bielefeld, Johann Simon Schwarz (1743-nach 1793) Besitzer, einer wissenschaftlichen Leihbibliothek mit 9000 Bänden. – Die einzige Illustration zeigt vermutlich eines der Seminare in Halle. Einige Blätter aus dem Register oder mit Illustrationen wurden kaum merklich entfernt. – Vordergelenk etwas angeplatzt, ansonsten kaum fleckig und sehr gut erhalten. – Vgl. zu Bürger: Gottfried August Bürger, Briefwechsel. Hrsg. von Ulrich Joost und Udo Wargenau. Bd. I (1760-1776), Göttingen 2015, Nr. 1, 3, 4 und 5; zu Schlüter: E. Ruhenstroth, Gütersloher Beiträge zur Landeskunde, N. F. 14/15, 1987, S. 276-278.