Bloch, Ernst, Philosoph (1885-1977).

Typoskriptdurchschlag mit Eigenhändigen Korrekturen und Unterschrift , Ohne Ort und Jahr [Berlin 1929], Gr.-4°. 2 Seiten auf 2 Blättern. Gelocht.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Über ein Konzert seines lebenslangen Freundes Otto Klemperer (1885-1973): „Andere Meinung über Klemperers Strawinsky-Abend […] Die Wahrheit ist seit alter Zeit ein dialogisches Wesen, hat immer durch Frage und Antwort, oft mit verteilten Rollen, ihr Reich gemehrt. Herr [Max] Marschalk [1863-1940] wundert sich zuerst, dass Strawinskys Geschichte von Soldaten überhaupt nochmals aufgeführt wurde, das scheint nicht so merkwürdig im Zeitalter der Dreigroschenoper. Strawinskys Jugendwerk hat doch zuerst diese Richtung gegeben; es ist ein Ulk, so ein frischer, aufrichtiger, ein Schlag mit der linken Hand, der wichtiger sein kann als das Streicheln und Glätten der Rechten. Wenn je hat in unserer Zeit die Improvisation ihr Recht. Und schließlich ist es eine Improvisation von Strawinsky, über den die Akten noch nicht geschlossen sind, weder im positiven noch aber auch im negativen Sinn. Die tolle Lumpenmusik entstand 1918, sie hat das ganze abgerissene Leben von damals in sich. In ihren Löchern und Hohlräumen taucht Landstraße, Grauen, Schenke, Märchen wieder auf, echt, nicht romantisch. Von hier bis zum Marmor des Ödipus Rex ist weiter Weg; man kann begierig sein ihn zu sehen. Und schließlich wiederholt sich Schlimmeres als Strawinsky dreimal in fünf Jahren. Die anderen Fragen sind leichter zu beantworten. Warum der Dirigent einen weissleinenen Arbeitskittel trug? […] Von vornherein ist hier Respekt selbstverständlich; ein höchst kollegialisches Gefühl und das einzige, mit dem die Kritiker sowohl ihrem eigenen Ernst wie dem des Gegenstandsgerecht wird […]“ – Am 11. Oktober 1929 hatte Otto Klemperer die Aufführung der Strawinsky-Oper „Geschichte vom Soldaten“ geleitet. Mit einem Russenkittel bekleidet, dirigierte er das auf die Bühne geholte Orchester. Im Zuschauerraum saßen u. a. Albert Einstein, Eugenio Pacelli, Gustav Stresemann, Bert Brecht und Kurt Weill. Die Begeisterung bei der Premiere war unbeschreiblich. Am nächsten Tag telegrafierte Klemperer dem Komponisten nach Paris: „Beifall kolossal“. Doch als einige Tage das Abonnementpublikum die Aufführung sah, wurde sie ausgezischt. – Der Artikel war für die Vossische Zeitung geschrieben worden, blieb aber unveröffentlicht.