Canaris, Wilhelm, Leiter des militärischen Nachrichtendienstes und Admiral (1887-1945).

2 eigenhändige Briefe mit Unterschrift „Wilhelm“. Insel St. Thomas, 30. und 31. VII. 1914, 8°. Zus. 8 Seiten. Mit eigenhändigem Umschlag.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Zwei Liebesbriefe des späteren Admirals und Abwehrchefs am Vorabend des Ersten Weltkriegs. Canaris stand seit 1905 im Dienst der kaiserlichen Marine und war 1914 als Oberleutnant zur See und Adjutant des Kapitäns auf dem kleinen Kreuzer „Dresden“ in den Gewässern vor Mexiko stationiert. Ende Juli sollte die „Dresden“ die Heimreise nach Deutschland antreten. Canaris schreibt an seine amerikanische Freundin (und Verlobte) Edith Hill in München: „[…] Heute Abend kamen wir hier an. Ich fand Deine beiden Briefe vom 30. VI. und 3. VII. vor. Du glaubst nicht, wie schwer Du mich getroffen hast. Nie hätte ich geglaubt, daß Du mir so schreiben würdest […] Nun soll alles zu Ende sein! Du sagst, wir wollen aufhören, einander zu lieben. Als Grund dafür führst Du Bedenken an, die jeder andere Mensch für geringfügig halten muß. Der Nationalitätenunterschied kann Dich nicht alleine dazu veranlasst haben. Du musst noch andere schwerwiegendere Gründe haben, die Du mir noch verschweigst […] Wenn Du mich nur noch etwas lieb hast, gestatte mir, daß ich noch einmal mit Dir spreche. Wenn Du aber auch das nicht willst gieb mir sogleich telegraphischen Bescheid. Ich will Dich dann nie mehr stören. Heute erhielten wir Befehl zur Heimreise über Horta. Am 15. August werden wir in Kiel sein, falls keine Verschlimmerung der Lage eintritt. Trotzdem Du mich so schwer getroffen hast, liebe ich Dich unvermindert, Edith. Laß mich nicht verzweifeln! Es ist nicht zu ertragen […]“ – Wegen Problemen beim Kohlebunkern konnte die Dresden nicht wie vorgesehen noch am 30. Juli auslaufen, sondern mußte einen weiteren Tag vor St. Thomas liegen. Canaris nützte die Zeit für einen zweiten Brief mit ähnlichem Inhalt: „[…] Ich habe die Nacht wieder über alles nachgedacht. Wie ist es möglich, daß plötzlich dieser Wandel vor sich gegangen ist? Sieben Monate hast Du mich in dem Glauben gelassen, daß Du mich von ganzem Herzen liebst in jedem Brief hast Du es von neuem versichert und nun willst Du mich wegen eines solch geringfügigen Hindernisses, das sicher mit etwas Liebe überwunden werden kann, von Dir stossen […] Mit tiefem Schmerz aber mit unveränderter Liebe denke ich an Dich. Immer werde ich nur an Dein Glück denken und meine Person dem unterordnen […]“ – Beide Briefe wurden im selben Umschlag vor dem Auslaufen aufgegeben, erreichten die Adressatin aber vermutlich nicht: Edith Hill war laut handschriftlicher Adressänderung nach Lausanne gereist, der Brief wurde vom Überwachungsoffizier „unter Kriegsrecht“ am 3. IX. 1914 geöffnet und schließlich gestempelt „Zurück an den Absender“. – Die „Dresden“ führte mittlerweile Kreuzerkrieg in den Gewässern vor Südamerika, nahm an den Seeschlachten vor Coronel und den Falklandinseln teil und wurde schließlich als letztes Schiff des deutschen Verbandes vor der chilenischen Küste gestellt und am 14. März 1915 von den Briten versenkt. Die überlebende Besatzung wurde auf der chilenischen Insel Quiriquina interniert, Canaris gelang noch 1915 unter abenteuerlichen Umständen die Flucht nach Deutschland. – Vgl. zu den Ereignissen: Maria Teresa Parker de Bassi, Kreuzer Dresden, 1993. – Bereits während des Ersten Weltkrieges geheimdienstlich tätig, stieg Canaris im „Dritten Reich“ zum Chef der militärischen Abwehr auf. Wegen seiner Verbindungen zum Widerstand im Februar 1944 entmachtet, wurde er im April 1945 auf Befehl Hitlers im KZ Flossenbürg hingerichtet. – Faszinierende Dokumente, die eine bislang unbekannte Facette im Leben des legendenumwobenen Admirals beleuchten. – Sehr gut erhalten, lediglich der Umschlag leicht beschädigt. – Von größter Seltenheit! – Beilagen: I. Eigenh. Brief (4 S.) von Canaris‘ Mutter an ihren Sohn mit der Reaktion auf dessen Gefangennahme, datiert Düsseldorf 23. IV. 1915 (mit 3 eigenhändigen Umschlägen und einem kleinen Familienphoto). – II. Eigenhändiger Brief (2 1/2 S.) von Else Lüdecke, Frau des Kapitäns der Dresden Fritz Emil Lüdecke, an Canaris mit Dank, „daß Sie meinem Mann so geholfen haben u. noch helfen“, datiert 19. V. 1915. – III. Freundschaftliche Erinnerungskarte von Teniente R. V. Stone für Canaris, datiert Isla Quiriquina, 26. III. 1915 sowie ein weiterer an Canaris gerichteter Briefumschlag aus Amsterdam.