Döblin, Alfred, Schriftsteller (1878-1957).

Eigenh. Manuskript mit Unterschrift Ohne Ort und Jahr [Berlin 1921], Kl.-4°. 4 Seiten. Doppelblatt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Beitrag zu einer Geburtstagsfestschrift von 1921 für Maximilian Harden: „Ich enthalte mich jedes Einzelurteils über die Tätigkeit Hardens, über dieses Vorgehen und jenes Vorgehen, schon darum, weil mir seine Tätigkeit in ihrem ganzen Umfang nicht bekannt ist. Nur generell äußere ich mich: der civile Mann, der ‚einfache Bürger‘, der unbeamtete, mit diesem Willen zur Politik, mit dieser Erregtheit, die anzeigt, daß hier seine eigene Sache verhandelt wird, in der erstickenden, zur Lethargie verdammten, entmannenden Kaiserzeit, der Republikaner von Geburt – ich schüttele ihm an seinem Geburtstage die Hand. Ein, zwei Dutzend von dieser Art, wären sie zusammen gewesen, unermüdlich, rasend, wachrüttelnd, – vielleicht hier fehlschlagend, da fehlschlagend, aber allemal ein Gewissen: wir wären weiter in Deutschland. Der Knechtssinn ist das Übelste in diesem Lande; die Ketten wurden von Millionen getragen, sie wußten nicht darum; der Mensch ist ein sehr nachzeitiges vergeßliches Geschöpf: diesem erst Schmerz erregen an seinen wunden Handgelenken, Fußgelenken, diesem erst seinen Buckel, das kaum mehr aufrichtbare Rückgrat im Spiegel zeigen, – das mußte geschehen, und dies hat Harden als Einzelner, als Angehöriger einer in Wohlbehagen versinkenden Klasse getan; – gleichgültig ob er in manchen früheren Augenblicken sich selbst als echtes deutsches Tageskind gebärdete. Dank konnte ihm nicht viel werden; wer mit dem Messer umgeht und Häßlichen den Spiegel zeigt, erhält keine Geschenke, – die ganze Arbeit war gut. Die Arbeit war gut. Es gab einen civilen Mann im deutschen Kaiserreich, der beobachtete, sich um Politik kümmerte, unter allen Betäubungen, denen auch er erlag, zugriff auf eigene Verantwortung: das war viel. Neben Gewissen und Selbstverantwortlichkeit sind Mut, Tapferkeit, Furchtlosigkeit vor Gefahr die Dinge, die den Republikaner auszeichnen und der deutsche jungen, oh so schwankenden Republik am notwendigsten sind. Diese Republik, nicht geboren aus dem Geist von Republikanern, sondern uns fast willenlos zugefallen, – daß sie uns erhalten bleibt, daß die Seelen anfangen wieder gerade zu wachsen, das wünschen wir auf Herzlichste, fast aufs wütendste. Das wünsche ich. Darum schüttele ich nochmal dem tapferen freien Mann die Hand […]“ – Druck in: Maximilian Harden zum 20. Oktober 1921. Berlin 1921. S. 8-9. – Papierbedingt leicht gebräunt.