Feuchtwanger, Marta (geb. Löffler), Schriftstellerin (1891-1987).

Eigenh. Manuskript, Typoskript mit Unterschrift sowie 6 masch. Briefe mit eigenh. Nachschriften und Unterschrift Pacific Palisades, 13. XII. 1981 bis 7. IX. 1986, Fol. Zus. ca. 10 Seiten. Teilw. mit Briefkopf.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An die Lehrerin Sigrid Rohn-Völz wegen der Benennung des 1979 gegründeten Städtischen Gymnasiums am Petuelring in „Lion-Feuchtwanger-Gymnasium“. – (13. XII. 1981): „Es waere eine grosse Ehre fuer Lion Feuchtwanger, wenn eine fortschrittliche Schule, wie sie jetzt in Muenchen geplant wird, seinen Namen truege. Und eine grosse Genugtuung fuer mich. Es waere auch ein Zeichen des guten Willens, den jetzt Deutschland seinen frueheren Mitbuergern zeigt im Gegensatz zu der Tatsache, dass Heine ueber ein Jahrhundert warten musste, bis eine Universitaet nach ihm benannt wurde. Ich wuerde es als eine erstaunlich grosszuegige Tat betrachten, wenn der Magistrat der Stadt Muenchen sich an einer solchen Ehrung beteiligte. Doch bin ich die Letzte, die etwas derartiges von ihm verlangte angesichts der Tatsache, dass Lion Feuchtwanger in seiner Weltanschauung doch sehr andere Wege ging. Immer fuer Toleranz und Respekt fuer anderer Leute Ueberzeugung eintretend, koennte ich eine ablehnende Haltung durchaus und ohne Bitterkeit verstehen […]“ – (15. IX. 1982; Typoskript zu einem Festschriftbeitrag): „Wenn ich an die Ehre denke, die dem Andenken Lion Feuchtwangers zuteil wurde, indem ein staedtisches Gymnasium nach ihm benannt wird, stuermen widerspruchsvolle Erinnerungen auf mich ein. Lion Feuchtwanger war ein Musterschueler des hervorragenden Wilhelms-Gymnasiums am Maxmonument. Ich wohnte mit meinen Eltern in allernaechster Naehe. Und ich war neidisch auf jeden, der studieren konnte. Ich wollte Doktor der Medizin werden wie so viele meiner Vettern. Aber es gab damals noch kein Maedchengymnasium in Muenchen. Ausserdem haette mein Vater nicht seine Einwilligung gegeben. Er sagte: ‚Wenn ein Maedchen zu viel weiss, findet sie keinen Mann.‘ Und dabei blieb es. Ich studierte Sprachen fuer mich selbst unter grossen Schwierigkeiten. Die elektrische Birne in meinem Zimmer wurde ausgeschraubt, um mir das Lesen zu erschweren. Spaeter fand ich den besten Lehrmeister, mit dem ich jahrelang Italien durchwanderte und die Geschichte Mitteleuropas durch Anschauung erlernen konnte. Ich fuehlte mich ausgezeichnet, wenn Lion mich teilnehmen liess an seiner Arbeit und mich sogar ermunterte, selbst zu schreiben […] In dieser Zeit des Schreckens und der Not gibt es nur ein Gut – das ist Wissen. Moege es in der Zukunft nur dem Guten dienen.“ – (Juli 1984; Manuskript und Typoskriptumschrift, von Harald van Hofe im LFG vorgelesen): „Waehrend ich dies schreibe, sehe ich das schoene und noble Gebaeude des Lion Feuchtwanger Gymnasiums vor mir. Ich kenne eine farbige Abbildung, und ich sehe alle diese jungen Leute herumrennen oder spielen, man-che sind sogar vertieft in ernsthafte Gespraeche. Und dies alles in dem speziellen Licht der bayerischen Sonne […] Ich gedenke aller, die diese Feier veranlasst haben, sogar einstimmig. Nichts mehr von ‚der deutschen Zwietracht mitten ins Herz.‘ Ich danke vor allem dem Muenchner Oberbuergermeister, ein wuerdiger Nachfolger des unvergesslichen Jochen Vogel […] Ich danke der jetzigen Jugend, die neue Wege sucht. Welch ein Erlebnis, ein Volk zu beobachten, das, Jahrhunderte lang als kriegerisch bekannt, das erste ist, das den Frieden sucht. Und mit Erfolg. Aber jetzt muss ich meine Stimme erheben. Was denken sich diese jungen Leute, die Neo-Nazi, die sich fuer Deutsche halten. Haben diese spatzenhirnigen Gemueter nicht erkannt, dass es Hitler war, der das Deutsche Reich zerschlagen hat? […]“ – Am 21. April 1982 beschloss der Schulausschuss des Münchner Stadtrats, dem „Gymnasium am Petuelring“ den Namen „Städtisches Lion-Feuchtwanger-Gymnasium“ (LFG) zu verleihen. Zum hundertsten Geburtstag Lion Feuchtwangers lud die Schule am 6. Juli 1984 zu einem Tag der offenen Tür ein, der unter dem Motto „Lion Feuchtwanger und seine Zeit“ stand. – Beiliegend eine umfangreiche Sammlung von zugehörigen Materialien, darunter Briefe von Trude Feuchtwanger, Harald van Hofe und Jürgen Kolbe.