Fussenegger, Gertrud, Schriftsteller (1912-2009).

5 eigenhändige Briefe mit Unterschrift sowie 5 masch. Briefe mit eigenhändiger Unterschrift Leonding und Siggen, 30. V. 1975 bis 11. VIII. 1982, Fol. und Qu.-8°. Zus. ca. 20 S. Gelocht.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An den Lektor Herbert G. Göpfert in Stockdorf. – I. (30. V. 1975): Dankt für einen Besuch in Stockdorf und gute Gespräche: „[…] Derweil habe ich mich mit meinem Libretto herumgeschlagen und bin ziemlich fertig […] jetzt kommt es nur darauf an, was der Komponist dazu sagt – und schließlich, was er daraus macht […] Ich vergaß zu erzählen, daß mir Ter-Nedden ein ausführliches und sehr einleuchtendes Elaborat über Ernst Jüngers Zwille geschickt hat. Ein Buch, das auch mir großen Eindruck gemacht hat […]“ – II. (15. IX. 1976): „[…] Ich freue mich, daß Dir mein Donaubuch ‚geglückt‘ schien […] Deine Frage freilich: Was haben diese Städte denn gemeinsam, hat mich nachdenklich gestimmt[…] die Städte liegen, möchte ich sagen, an der hydrographischen Fallinie, die unseren Kontinent- unser Mittel- und Südosteuropa gegen Osten aufschlitzt […] das Thema ist im Grunde gar nicht zu bewältigen. Es ist wirklich unabsehbar […] In diesen Sommer hat es mich wieder hinuntergezogen, diesmal nicht eben die Donau entlang, aber doch quer durch den Donauraum. Visegrad und Budapest – und dann – in Siebenbürgen, Hermannstadt und Klausenburg, Medias, Kronstadt und viele andere kleinere Orte, zum Teil noch zauberhaft unberührt […] Lange Kreuz- und Querfahrten durch das Land, das zum Teil schrecklich abgeholzt ist. Nur im Gebirge noch Wald. Die Walachei – eine Hölle der Armut, der Verkommenheit, dreckig und hoffnungslos. Dann das aufgeblasene Bukarest […] Ich danke Dir auch schön für den Nachruf für Gerd Gaiser […] Auch mit Holthusen sprach ich über Gaiser. Es gibt doch so manchen, der seiner gedenkt und weiß, was er war […]“ – III. (12. X. 1976): „[…] Sehr lieb, daß Du nach meiner Oper fragst. Ja, sie ist gut über die Bühne gegangen […] Ich hatte (und das sollte mir die Hauptsache sein) während der ganzen Oper ein ganz gutes Gefühl […] In der ganzen Saison soll 17 mal gespielt werden, für eine moderne Sache allerlei – und vermutlich zu viel für das Linzer Publikum, das ja doch lieber in die Czardasfürstin geht […]“ – IV. (8. X. 1977) Mit Dank für Göpferts Buch „Vom Autor zum Leser“: „[…] Ich habe das Buch mit Freude und Gewinn gelesen und es war mir sehr lieb einmal über die Innereien der Kalkulation fachmännisch und objektiv informiert zu werden. Auch habe ich mir da noch recht falsche Vorstellungen gemacht […]“ – V. (13. V. 1979): „[…] als ich heimkam, fand ich Deinen Brief, aber leider auch die Hiobsbotschaft, daß Du einen Infarkt erlitten hast […] Sicher ist es ja so, daß schon seit Jahren zu viel an Dir hing […] Mein Mann hatte ja […] auch einen Infarkt, einen ganz bösen sogar. Nun sind das 12 Jahre her – es ist […] nichts mehr gekommen; aber ein bischen leiser treten musste er auch […] er läßt sich durch Termine nicht jagen […] Nicht die Arbeit ist das Schlimme, sondern die Angst, sie nicht bewältigen zu können […]“ – VI. (28. I. 1979): „[…] Ich habe Deine Anregung aufgegriffen und Eva Zeller für Klagenfürt vorgeschlagen. Dazu noch einen Österreicher, Rosei. Reich-Ranicki hat sich mit meinen Vorschlägen einverstanden erklärt […] Reiner Kunze ist hier gewesen, hat auf Einladung von PEN – also eigentlich von mir gelesen. Es war ein sehr schöner Abend. Und ich danke Dir sehr, daß Du mich […] auf diesen Mann aufmerksam gemacht hast. Es war ja ein Wunder, daß er gerade für Linz zugesagt hat, er erzählte mir, er habe 500 Einladungen zu Lesungen, mache aber nur etwa 10 im Jahr. Nach Österreich zu kommen fühle er sich besonders motiviert, denn Österreich habe ihm damals in der letzten Zeit in der DDR sehr geholfen […] er liest auch sehr gut, wenn auch, wie Du schriebst, ein bißchen priesterlich, mit Überbetonung. Doch so lernten die Leute dort drüben mit der Sprache umgehen, sofern sie mehr und was anderes wollten als die Spruchband-Sprache […]“ – VII. (Sommer 1981): „[…] Ich glaube, uns geht es gleich: je älter wir werden, umso mehr haben wir zu tun; es geht dabei zu wie auf der schiefen Ebene, die Beschleunigung wächst, sich festhalten geht nicht mehr […] Bei Molden kommt wieder ein kleines Büchl von mir: ‚Kaiser, König, Kellerhals‘ – lustige G’schichten u. Anekdoten, die besten habe ich von der alten seligen Frau Geißler, die Du auch gekannt hast […] Am liebsten verkröchte ich mich in einem winzigen Nest, wo ich stillhalten und in mich selbst hinein sinken könnte […]“ – VIII. (28. V. 1982): „[…] die Geburtstagsschlacht ist geschlagen oder liegt doch in den letzten Zügen. (Ich beinahe auch.) […] Damit es mir nicht zu gut geht, hat inzwischen Molden den Konkurs angemeldet; das war vorauszusehen; allerdings hoffte ich immer auf ein österreichisches Wunder nach dem Motto: ‚Ich werd doch meinen Molden nicht verkommen lassen‘ – aber auch unserem subventionsfreudigen Staat scheint allmählich das Grausen anzukommen. Zu viele Hände strecken sich nach dem öffentlichen Säckl aus […] Die DVA hat sich wieder bei mir gemeldet […] Ja, unser Urlaub im Norden. Lukas und seine Frau Nelly wollen mitkommen – die junge Frau wird inzwischen im 6. Monat sein […] Den Sonderdruck leg ich bei; Kienecker hat mir hier auch die laudatio gehalten […]“ – IV. (Siggen bei Heringsdorf, 11. VIII. 1982): „[…] nun sind wir beide hier im Land […] Die erste Woche war wenig erholsam, schrecklich heiß und schwül […] Ich fürchte sehr, das längst fällige Gespräch muß noch einmal verschoben werden. Schade! […] Auf dem Weg nach Norden haben wir Kassel mitgenommen, die documenta, von der man heuer Gutes hörte; doch fanden wir es nicht überzeugend bestätigt, eher noch einmal mehr Ratlosigkeit ‚documentiert‘. Dann Fritzlar und Hildesheim – oder das was davon übrig blieb […]“