Himmel, Friedrich Heinrich, Komponist und Pianist (1765-1814).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Berlin, 23. I. 1814, 4°. 4 Seiten. Doppelblatt mit blindgepr. Schmuckrand.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Großer, umfangreicher Brief an die „Angebetete“ Dichterin Elisa von der Recke (1754-1833) in Löbichau bei Altenburg, nur ein halbes Jahr vor seinem Tod verfasst: „[…] ich habe wiederum viel gelitten; die Hypochondrie die mein kranker Unterleib gebahr, übermannt mich immer noch; sie macht mich ganz unthätig und läßt mir kaum die Ruhe einen Brief zu schreiben. Die jetzige Witterung würckt unangenehm auf mich, ich erwarte vom Frühjahr Alles. Hätte der vortrefliche [Ernst Ludwig] Heim sich meiner nicht so väterlich angenommen, so deckte die Erde den Himmel schon: Seit wenig Tagen habe ich mehr Hoffnung denn je, und Heim versichert mir ganz positif, daß ich radical gesund soll werden, freilich lamgsam: es war alles verdorben im Untern Himmel, Blut, Galle, Leber u Nieren; den ersten May hoffe ich schon in Carlsbad zu seyn, wenn anders die Witterung nicht entgegen ist; doch reise ich den ersten May gewiß ab. Wie freue ich mich Sie Alle, Alle, Alle dort zu sehn, meinen lieben Tiedge u die kleine fleißige Penelope, und den Pipelpapel etc: Gott gebe Uns Allen Gesundheit, Glück und Seegen, den Armeen doppelte Kraft, und der Welt einen ewigen Frieden. Tod dem Bonaparte, Ewigen Frieden der Welt: so prophezeit es auf Erden der Himmel. Mir Ihre Liebe, Ihnen meine Anbetung und Verehrung. Amen […] Gestern Sonnabends gegen 6 Uhr kam die Rußische Kayserin und das war wieder ein Jubel, ein Geläute der Kirchenglocken, ein Blasen der Postillione, ein Kanonendonner und ewiges Hurrahrufen, und ganz Berlin illuminirt, ich ging grade aufs Schloß und sahe die ganze Presentation mit an; die Kayserin ist nicht schön, aber sehr gnädig lieblich u angenehm, u welch eine Erscheinung? 1814. Wer hätte das im Anfang 1813 gedacht? ich staune, und bete die Vorsicht an: Noch ein Schlag, und der Riesenteufel ist zu Staub zertreten, ich schicke Ihnen hiebey ein Gedicht von einem Unbekannten und eine Ode auf Friedrich den Großen, die der alte Bergemann in Stettin gemacht hat, der das schöne englische Bier braut u seit 4 Jahren gestorben ist. Mir gefällt diese Ode außerordentlich: a propos! Können Sie es habhaft werden, so lesen Sie Remarques sur un Article de la gazette de Leipzig du mois d’Octobre 1813 relatif au Prince Royal de Suede: – Vermuthlich, beinahe gewiß hat Schlegel dieses geschrieben, es ist das stärkste, was man über den Hundsfott Bonaparte lesen kann. – Und nun was sagen Sie zu der erbärmlichen Ausgabe unserer Kriegslieder? Fehlerhaft in Musik und Worten, und das Siegeslied von Ihnen so verstümmelt, daß nur 4 Verse gedruckt sind: dann nur 3 große Lieder für die Armee mit aller militärischen Musik ausgelassen, da will der Herr Max das Publicum nochmals schröpfen: Pfui so ein interessirter Buchhändler ist eine miserable Creatur: denken Sie sich, ich corrigire da erst durch: schreibe gleich dabey: es fehlen an 14 Verse von Frau v. der Recke Ihr Siegeslied -, der 2te CorrecturBogen, wofür ich einen Thaler hier habe bezahlen müssen, weil ich Parthey u. s. Gesellschaft gern zuerst in Berlin meine Composition wollte hören lassen, und ich sah zu meinem Erstaunen, daß kein Fehler beym 2ten CorrecturBogen verbessert war weder in Musik noch im Text: ich corrigire mein eigen gekauftes Exemplar, schreibe unter Ihr Siegeslied: Hier fehlen viele Verse: u siehe da, man hat es doch so verstümmelt herausgegeben, hätte H. Max nicht die übrigen Verse können in Breslau drucken lassen, da er doch alldort den Umschlag hat machen lassen? […] Trösten wir uns allso miteinander, aber der Monsieur Max soll von mir nie wieder eine Note noch eine Zeile erhalten. Solche Lumps giebts in Berlin auch, da brauch ich sie nicht erst in Breslau zu suchen und ihnen Postgeld bezahlen […]“ – Herbert G. Göpfert, aus dessen Sammlung dieser Brief stammt, hat dazu einen umfangreichen kommentierenden Aufsatz geschrieben: Zu einem Brief von Friedrich Heinrich Himmel. In: Norbert Bachleitner (Hrsg.), Beiträge zu Komparatistik und Sozialgeschichte der Literatur. Festschrift für Alberto Martino, Amsterdam 1997, S. 729-740 (Typoskriptdurchschlag liegt bei; das Buch kann geliefert werden).