Hirschfeld, Christian Cay Lorenz, Gartentheoretiker (1742-1792).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Kiel, 12. II. 1770, 4°. 4 Seiten. Doppelblatt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An den Philologen und Freimaurer Johann Georg Eck (1745-1808) in Leipzig: „[…] Ich habe Ihre beiden Briefe erhalten, und nur eine Fülle von Geschäften hat mich an der Beantwortung derselben gehindert. Tausendmal bin ich Ihnen für das gütige Geschenk: Gellerts Empfehlung verbunden. Sie werden über diese Schrift, die Ihrem Herzen eben so viel Ehre, als Ihrem Geschmack macht, von mir keine Lobsprüche erwarten, nachdem Sie sie von Männern erhalten, hinter welchen ich stehe. Fahren Sie fort, vortreflicher Freund, das Publikum mit ähnlichen deutschen Arbeiten zu bestrecken, da Sie einen so glücklichen und rühmlichen Anfang gemacht haben. Aus dem Correspondenten habe ich ersehen, daß Sie endlich nach so langem Verzögern die Professur, eine noch geringe Belohnung Ihrer Verdienste, erhalten haben. Ich wünsche dazu so wohl Ihnen, aber noch mehr der Leipziger Universität Glück. Unsere Academie nimmt sehr zu. Es ist nicht zu beschreiben, wie sehr unsre große Monarchin für dieselbe sorgt, und welche weise Rescripte sie an uns ergehen läßt. Die Besoldungen der Professoren sind nicht nur erhöhet, sondern wir haben auch die Versicherung, daß Sie noch mehr vermehret werden sollen. Jeder Professor hat seine Wohnung und erscheint bei Hofe, und an der Tafel unsers durchlauchtigsten Statthalters so oft er wil. Ein Professor hat hier den Rang eines Hofrats. Sol er einen Titel haben, so macht man ihn zum Canzlei- oder Justitz-Rath, selten aber zum Etats-Rath, welche die höchste Würde eines Professors ist. Die Witwen und Kinder der Professoren bekommen außer vielen andern Vortheilen Zeitlebens eine Pension, wovon sie leben können. Wir haben zu verschiedenen Zeiten des Jahres Bälle, und Masqueraden, und französische Comödien, die unser Hof unterhält; und die Gegenwart aller hohen Collegien, welche zur Landes-Regierung gehören, macht außer der schönen Lage, und der Schiffart unsern Ort überaus reitzend. Daher, bester Freund, werden Sie es mir gerne glauben, wenn ich Ihnen sage, daß ich Kiel nie zu verlassen gedenke. Eine besondere Neuigkeit mus ich Ihnen von mir melden. Ich nehme mir auf Ostern ein liebes Weibchen. Schrecken Sie nicht darüber; die Sache ist richtig. Es ist ein Fräulein, deren Vater Oberkommandeur über eine Division der dänischen Kaufmannsschiffe der Krone gewesen, und vor kurzem gestorben ist. Die Mutter ist auch todt. Es ist ein Frauenzimmer, die Ihnen gefallen würde, nicht so sehr durch Schönheit, als durch den feinsten Geist, und die artigste Lebensart. Sie schreibt ein bessern Brief wie ich, und spricht und schreibt französisch, wie nur eine Dame aus Orleans. Dabei ist sie wohl gewachsen, und erscheint in ieder Gesellschaft mit einem Anstand, der alle einnimt. Sie ist sehr zur Satyre aufgelegt; aber ihr Spot ist erheiternd und hat das Gepräge eines edlen Herzens, das ihr eigen ist. Wie gefält Ihnen dies Gemählde? Nicht wahr? Recht gut. Nun hören Sie noch mehr. Ich bekomme mit ihr ein ganzes schön ausmeublirtes Haus, viele zur Bequemlichkeit und zum Wohlstande gehörige Sachen, und vier tausend Thaler baares Geld. Ist das nicht eine herrliche Sache? Dadurch wird mir auf einmal geholfen. An meinem Hochzeitstage wil ich mit meinem Weibchen Ihre Gesundheit trinken, und ich wil ihr erzählen, wie sehr ich den guten Eck liebe, und wie viel ich seiner Freundschaft schuldig bin. Gerne, liebster Freund, möchte ich noch mit Ihnen etwas schwatzen; ich bin heute dazu recht aufgelegt. Aber ich muß noch heute Abend zur Cour, weil der Statthalter von Schleswig, ein hessischer Prinz, unserm Hofe einen Besuch abstattet, und eben angekommen ist. Jetzt mus ich zu einer ernsthaften Sache übergehen. Ich habe ein Anliegen, wobei Sie mir Ihren freundschaftlichen Beistand nicht versagen werden. Haben Sie also die Güte, liebster Freund, und gehen Sie gleich nach Empfang dieses Briefes zu unserm Verleger Herrn Hilscher, und bitten ihn in meinem Nahmen, mir die Freundschaft zu erweisen, und für meine Rechnung an Herrn Professor Lossius in Erfurt 7 Louis d’or zu übersenden. Wir wollen es auf den 2ten Theil der Schweitzer Briefe abrechnen; aber solte er, da er schon einige Auslagen für mich gehabt, noch an eine zu fordern bekommen, so würde ich ihm den Rest in der bevorstehenden Messe durch den Hamburger Buchhändler Bohn auszahlen lassen. (dieser sol alle meine Leipziger Schulden mit einmal tilgen.) Stellen Sie Herrn Hilscher vor, daß er mir dadurch die größte Freundschaft erweiset, und daß ich ihm künftig bei aller Gelegenheit gefällig zu sein suchen werde. Da meine erste Einrichtung mir viel gekostet, und ich noch von dem Gelde meiner künftigen Frau nichts bekommen kann; so sehe ich mich genöthiget, Herrn Hilscher um diese Gefälligkeit, welche die lezte sein sol, anzusprechen. Erfült er meine Bitte, so sol er unverzüglich das Manuscript zu den Schweitzerbriefen erhalten, und künftig werde ich ihm gerne meine andern Manuscripte geben. Belieben Sie ihm dis alles zu sagen, und mir mit nächster Post eine kleine Nachricht von dieser Sache zu ertheilen. Das Geld kan nur gerade an Herrn Prof. Lossius adressiret, und ihm dabei gemeldet werden, daß es von mir komt. Antworten Sie mir aber ja mit der ersten Post. Ich bitte Sie sehr darum. Gewis ist es, daß Herr Bohn alle meine Schulden bezahlen wird. Da ich hier im Anfange so viele Ausgaben gehabt, so ist meine Braut so gütig gewesen mir zu versprechen, mich mit Ihrem Gelde zur Befriedigung meiner Leipziger Gläubiger, wovon ich ihr gesagt, zu unterstützen. Mein Recensent in der N. Z. ist ein Pasquillant, man sagt daß er Lessing heißt, und ich habe Ursache es zu glauben, da er mir einmal über eine Verzeihung des guten Kloz in einer Geselschaft sehr spöttisch begegnete. Es ist aber an Dempf [?] auf Veranlassung von hier ein Befehl des Hamb[urger] Mag[istrats] ergangen, daß er bei Strafe des Verlustes seiner Privilegien sich nicht unterstehen sol, auf Glieder der hiesigen Universität Pasquille mehr einzurücken. Ich habe zugleich dem Menschen geschrieben, daß er meine ganze Verachtung verdiene, und daß ich mich für zu gut hielte, als einem solchen verdorbenen Candidaten zu antworten; worauf er mir mit vieler höflicher Verstellung geantwortet. Grüßen Sie alle meine Freunde. Was macht der Herr Graf [Lynar]? Er hat mir vor einiger Zeit einen sehr pietistischen oder Hernhutischen Brief geschrieben, worin er mich bekehren wil, und mir so viel schwärmerisches Zeug vorschwazt, daß ich kaum mehr darüber lachen konte, womit ich sonst solchen Creuzbrüdern zu antworten pflege. Lassen Sie sich aber nichts davon gegen ihn merken […]“ – Eck veröffentlichte 1770 bei Hilscher in Leipzig „Gellerts Empfehlung. Eine Vorlesung den 16. Dezember 1769 gehalten 1770.“ Zu dem erwähnten Rezensenten vgl. Schmidt, Lessing, II/1, 156: „Schon im März hatte ein auswärtiger Freund geträtscht, ‚Lessing, ein Bruder des Dichters und cand. theol. zu Berlin‘ habe einmal in der Vossischen die Deutsche Bibliothek angebellt. Jetzt sprach Klotz von den ehrenrührigen Zeitungsartikeln des jüngeren Herrn Candidaten Lessing, deren einer auf Befehl eines großen Ministers unterdrückt worden sei, und von dem Angriff des Magister Lessing.“