Rilke, Rainer Maria, Schriftsteller (1875-1926).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „RainerMariaRilke“. Schmargendorf bei Berlin, „Villa Waldfrieden“, 15. XII. 1898, Kl.-4°. 4 Seiten. Handbütten „Hercules Linen“. Mit eigenh. adressiertem Umschlag und braunem Lacksiegel, frankiert und gestempelt.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An Franz Graf zu Knyphausen in München, Türkenstr. 99: „[…] immer habe ich mich mit der Hoffnung getragen, wieder einmal nach oder wenigstens ‚durch‘ München zu kommen. Ich sehe jetzt, daß sich dieser Wunsch erst im Frühjahr erfüllen wird; gleichwohl kann ich solange nicht warten mit diesen Worten meines dankbaren Gedenkens. Ich will sie Ihnen und der Frau Gräfin zu den Weihnachtstagen und am Rande des alten Jahres senden und bitte, Sie mögen dieselben annehmen mit jener Freundlichkeit, deren ich mich als einer der wertvollsten Errungenschaften meiner münchener Zeit oft erinnern mag […] Ich habe ein Jahr, von Eindrücken und Wandlungen und Arbeit schwer, hinter mich gebracht. Ein Frühling in Italien (in Florenz und später in der Einsamkeit eines kleinen Seebades hinter Pisa) hat sich wie ein großer langer Gedankenstrich, wie viele Jahre mit reichen, reifen Sommern hinter Alles bisher Geschaffene, Gedachte und Gefühlte geschoben. Eine große Verwirrung kam ihm nach und dann ein schönes neues Werden, davon ich noch nichts verrathen mag. Ich kann Ihnen deshalb auch keine Arbeit senden; die älteren, auch ein inzwischen erschienenes Novellenbuch, sind mir so entfernt und vergangen, dass sie nichts bedeuten jenen Menschen gegenüber, denen ich etwas persönlich Liebes sagen oder vertrauen oder schenken möchte; und die Neuen sind noch so nah und ganz am Beginn. Ich habe also nichts, als diesen Brief […]“ – Schnack, Rilke-Chronik, S. 75: „1. August 1898: Rilke bezieht ein Zimmer in der Villa Waldfrieden, Berlin-Schmargendorf, Hundekehlstraße 11, in der Nähe des Ehepaars Andreas. Rilke teilt […] dessen bescheidene Existenz und verliert dabei ‚alles Verwöhnerische […]‘. Die in der gemeinsamen Zeit in Wolfratshausen eingeleitete Wandlung in der Lebensführung vollzieht sich hier […]“ – Ungedruckt und bisher unbekannt. – Sehr schöner, früher und inhaltsreicher Rilke-Brief.