Sachs, Nelly, Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin (1891-1970).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Stockholm-Bromma, Beckomberga Sjukhus [Hospital], 18. X. 1960, Fol. 1 Seite. Mit eigenhändigen Umschlag.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An den Rosenzüchter Oskar Scheerer (1906-1971), von einem Krankenhaus-Aufenthalt und nach schwerer seelischer Krise, „nach einer Zeit des tiefsten Dunkels, das zu durchwandern war und immer wieder aufs neue durchkämpft werden muß. Sie kennen wohl die Gestalt des heiligen Balschem, dessen Legende Buber erzählt hat in einem Buch, das im Manesse Verlag Zürich herauskam. Er half mir und hier in Schweden kam man zu Hilfe mir in dem Krankenhaus, wo ich mit anderen, die leiden, mich allmählich zu lernen bemühe, was es bedeutet, einander zu helfen, indem man verstehen lernt, daß wir alle in Schuld geratenen Menschen abdienen durch immerwährendes neues Bemühen. Alles ist schwer, und Meersburg schien ein Geschenk im Frühjahr voller Liebe und Güte, aber zurückgekehrt begann ich zu verstehn und von dem Augenblick wandere ich wieder und weiß nicht weiter oft. Sie wissen so viel, wie Sie schrieben einmal, von denen, die starben in der Verfolgungszeit. Nun ist dieser Schrecken wieder aufgetaucht – ob es mit Versöhnung und Liebe möglich sein wird, endlich ihn aus der Welt zu bringen, an deren Verdunkelung alle verstrickt sind. Ich fühle jetzt hier, wie tief ich selbst versank […]“ – Nelly Sachs wollte nicht zurück nach Deutschland, zu groß waren die Schatten der Vergangenheit. Auch zeigten sich Anzeichen einer psychischen Krankheit, und nachdem sie 1960 zur Verleihung des Meersburger Droste-Preises das erste Mal seit zwanzig Jahren Deutschland betreten hatte, brach sie nach ihrer Rückkehr nach Schweden zusammen. Insgesamt verbrachte sie drei Jahre in einer Nervenheilanstalt bei Stockholm. Vor und nach dieser Deutschlandreise waren ihr offenbar antisemitische Schreiben zugegangen. – Am Rand von Scheerer datiert.