Stolberg-Stolberg, Christian Graf zu, Schriftsteller (1748-1821).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Kopenhagen, 18. I. 1774, 8°. 4 Seiten. Doppelblatt.

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Beschreibung

An den empfindsamen Göttinger Bundesbruder, Freund aus Hainbundtagen, Johann Martin Miller (1750-1814), Liederdichter und Prediger am Ulmer Münster. Dem damaligen Freundschaftskult verpflichteter Brief über den Tod seiner geliebten Mutter, Charlotte Friederike Christiane zu Stolberg (geb. zu Castell-Remlingen; geb. 1722), am 20. Dezember 1773. Sie hatte ein strenges durch die pietistisch-herrnhutische Glaubensrichtung bestimmtes Leben geführt. „Sie wissen, mein Liebster theuerster Miller, durch welch niederschlagende Betrübniß ich abgehalten ward Ihnen eher zu schreiben. Ihnen hat gewis das Herz bey dem Schmerz Ihres Freundes geblutet, so wie das meinige blutete da Sie durch die falsche Nachricht den Tod ihres Vaters glaubten. Gottlob daß sie falsch war, und daß Gott Ihnen ihren Vater wiedergeschenkt hat! Aber meine Mutter, ach! die hab‘ ich verloren! Ich glaube es Ihnen oft gesagt zu haben, daß ich die beste zärtlichste Mutter, aller Mütter hatte, daß sie meine Vertrauteste Freundin sey […]. Ich würde ganz untröstlich seyn, wenn ich mir nicht zu oft sagte, wie unendlich Sie durch den Wechsel gewonnen hat. Ein krankes, fast nie Schmerzloses Leben, gegen eine Herrlichkeit zu tauschen wie die seyn muß, die solche Frommen wie sie war, empfangen , – o wie gönne ich ihr das! Ihr Ende war der Triumpf der Religion. Sie hätten sehen sollen mit welcher Ruhe, mit welcher Heiterkeit sie den Tod, den Sie wünschte, ohne sich darnach zu sehnen, herannahen sahe: Wir waren nicht bey ihrem Tode zugegen, weil sie uns den Schmerz, die beste Mutter sterben zu sehen, ersparen wollte. Clauswiz [Carl Christian Clauswitz, Hofmeister der Brüder Stolberg] und meine Schwester war zugegen […] Nun komme ich auf Ihren Brief. Er hat mir eine wahre Seelen Freude gemacht, und ich umarme Sie dafür mit dem gerührtesten Herzen […] Ihre Freundschaft gefunden zu haben, mein Liebster, daß ist eine Aufforderung zur Dankbarkeit, und zur Tugend: und weh mir wenn ich ihr nicht gehorche! Ich kann Ihnen nicht ausdrücken wie die Stelle aus Ihrer Predigt mich gerührt hat, da Sie Gott für das Geschenk eines Freundes danken, wobey Sie sich ihre treuen Freunde die Stolberge dachten […]“ – Christian Graf zu Stolberg war der ältere Bruder des begabteren Friedrich Leopold. Die „Gedichte der Brüder…“ gab Heinrich Christian Boie 1779 heraus.