Wagner, Cosima, geb. Liszt, zweite Frau Richard Wagners (1837-1930).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „C. Wagner „. Bayreuth, 6. IV. 1876, 8 Seiten. 2 Doppelblätter. Trauerrand (Tod von Cosimas Mutter).

Nicht vorrätig

Beschreibung

Inhaltsreicher Brief an den kaiserlichen Obersthofmeister Rudolph von Liechtenstein (1838-1908) auf Schloß Neulengbach bei Wien, der seit Wagners Wiener Zeit (1861-1863) ein Bewunderer und Förderer des Komponisten war: „[…] Ich habe … Seitens des Meisters den Auftrag Sie sehr freundlich einzuladen den Festspielen beizuwohnen … Wenn Sie Nir-Wahnfriedlich gesinnt sind, was ich halb und halb annehme, kann ich Sie unserm besten Freunde hier zuweisen, einem alten Kirchenrath welcher mich bat um einen freidenkenden, angenehmen, anspruchslosen Gast für die Zeit der Spiele … Ich habe … in Berlin den Tristan gehört (gesehen möchte ich nicht sagen); und dessen Erfolg constatirt, wobei der Meister wie Beaumarchais sagen kann, ‚ce qui est plus fou que ma pièce, c’est son succes‘ … Ich habe wieder Vergnügen an Bücher und nehme jetzt Taine vor, welcher ganz vorzüglich ist … Er hat wie mich dünkt eine richtige Auffassung des Volkes und auch der heutigen politischen Panacéen. Übrigens giebt Frankreich jetzt ein merkwürdiges Schauspiel … Mein letzter Zusammenhang mit ihm ist mir mit meiner Mutter verlorengegangen; unser Verkehr welcher ausschließlich ein geistiger war (stillschweigend waren wir übereingekommen niemals Persönliches zu berühren …) brachte mir regelmäßige Nachrichten aus dem Lande wo ich erzogen wurde; nun ist es mir als ob ich gar nichts mehr wüsste, auch von meiner Jugend nichts mehr als wie von einem vergessenen Märchen … Hoffentlich wird Ihnen Tristan dadurch nicht zuwider dass er in Berlin gefallen hat; das Genie hat etwas an sich von der Legitimität, es bleibt unanfechtbar, kein Ankämpfen kann ihm seine Weihe entreissen, welche die Massen immer empfinden … Wie sind die Italiener ausgefallen? Sind nun die Schluchten der Gesellschaft einig zwischen Traviata und Tannhäuser? …“