Zelter – Pappritz, Julie, Sängerin und 2. Frau von Carl Friedrich Zelter (1767-1806).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „Tante Jule“. Freienwalde, 19. VII. 1795, 8°. 3 1/2 Seiten. Doppelblatt mit Adresse „An meinenlieben Freund Zelter in Berlin“.

Nicht vorrätig

Beschreibung

An ihren späteren Mann Carl Friedrich Zelter. Julie Pappritz war Kammerdame und Begleiterin der Prinzessinnen Friederike (1778-1841) und Luise: „Ich danke Ihnen herzlich lieber Zelter, für die Erlaubnis die Sie mir bey der [ihrer Schwester Sidonie] Voitus gegeben an Sie zu schreiben. Sie sind zu meiner Beruhigung jezt selbst die Ursach, wenn ich Sie mit langweiligem Geschwäz beschwerlich falle denn wäre ich auch nicht schon von der Natur mit diesem Talent hinlänglich begabt, so glaube ich müßte man es hier in Freyenwalde erwerben. Laßen Sie sich ja nicht einfallen eine Parthie de plaisir hierher zu machen o weh o weh! Hier ist es sehr sehr schlimm, für mich besonders schlimm weil mich ein fataler Zahnschmerz so krank macht daß ich schon eine ganze Woche nicht aus der Stube gehen kann, ich bin zwar bei […] sehr angenehm doch nicht ohne gêne. Die Wolff und Ephraim geben mir auch manche angenehme Stunde, allein der Aufenthalt im ganzen ist so widerlich ich bin so unzufrieden, daß ich meine Bade Kur habe aussetzen müssen – ach wäre ich nur erst wieder in Berlin und könnte singen, und mit Euch wieder leben dann bin ich auch wieder gesund. | Wäre ich hier ganz gesund und könnte leben so ganz wie ich wollte, so würde ich freilich eine angenehme existenz haben. Der große Theil der Menschen sind hier zwar ungenießbar allein es giebt auch immer einen hübschen Ausschuß an den ich mich wohl anschließen möchte und recht angenehm leben wollte. Unter manchen Bekannten, die ich hier unvermuthet angetroffen, haben mir Mendelsohns aus Strelitz am meisten gefreut, Mamsell Mendelsohn und Madame Meyer [Henriette Mendelssohn, 1775-1831, und ihre Schwester Recha Meyer, 1767-1831] sind hier, doch nicht viel unzufrieden, als ich über die verkehrte Art seinen Aufenthalt im Bade zu haben. Desto verjüngter und zufriedener ist unsere Freundin Dittrich [Dierich, verh. Hausen] hier in Freyenwalde. Sie ist aller Orten, singt und ordnet Feste an, beugt ihre Kniee vor das adliche Geschmeiß, so daß ich mich weg von ihr wenden muß, damit sie mir durch ihr fatales Betragen nicht zu wieder wird, sie ist ein gutes Mädchen, macht sich aber durch ihre Schwächen den Adel zu courtisiren höchst lächerlich bei allen vernünftigen Leuten. Nun ich kann es ihr wohl gönnen. – Wenn sie Freude daran findet unter sie zu mischen, ich bin froh das ich nicht mehr brauche. – Über die D. vergaß ich gar die Mendelsohns. Wenig habe ich sie noch gesehen, und daran ist mein fatales Zahnweh schuld daß ich sie nicht öfters besuchen konnte. Mlle M. erwartet Sie in Strelitz und meinte sie würde untröstlich seyn, wenn Sie während ihrer Abwesenheit dort seyn könnten. Sie möchte sich hier eine Pistole vor den Kopf schießen, oder mit dem Kopf gegen die Wand rennen oder sich hier von einem Berg stürzen; oder in die Oder springen, kurz, mir ward dabei gar nicht wohl zu Muth denn ich kann es gar nicht leiden wenn sich jemand neben mir einbildet, er habe Sie lieber als ich und möchte gar noch ein übriges thun um es zu zeigen, das kann ich gewiss nicht dulden und das können Sie nur Mamsell M. sagen wenn Sie sie sehen. – Ich verlange nicht dass sie mir auf diesen Brief antworten so viel Vergnügen es mir auch machen würde, so werde ich mich gern begnügen einen Gruß von ihnen zu höhren. Grüßen Sie mir Ihre Frau und alle Ihre Kindleins. An Herrn [Carl Friedrich Christian] Fasch [1736-1800] richten Sie, hundert tausend Grüße. Leben Sie wohl und glauben Sie mir unter allen ihren Freunden hatt Sie doch keine lieber als Ihre Tante Jule.“ – „In der Singakademie traf Zelter mit Julie Pappritz wieder zusammen […] Die Kunst wob ein zartes, aber festes Band zwischen beiden, und nachdem Zelters erste Frau am 24. Oktober 1795 gestorben war, führte er im nächsten Jahre [am 1. Mai 1796] Julie Pappritz als Gattin heim.“ (G. R. Kruse, Zelter, S. 25f.). – Vom Falz her feuchtigkeitsfleckig.