Mann, Katia, geb. Pringsheim, Ehefrau Thomas Manns (1883-1980).

9 eigenhändige Briefe mit Unterschrift, eigenh. Postkarte mit Unterschrift und eigenh. Briefkarte mit Unterschrift Kilchberg am Zürichsee und Forte dei Marmi, 23. XII. 1965 bis 10. IX. 1972, Meist Gr.-8°. Zus. ca. 22 Seiten. Briefkopf „Frau Thomas Mann. Kilchberg am Zürichsee. Alte Landstrasse 39“.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Katia Mann und Johannes von Guenther verband eine lange Brieffreundschaft. Seit Ende der Fünfzigerjahre tauschten sie sich über die Familie, die Literatur, das Zeitgeschehen und vor allem über den gemeinsamen Freund Walter Janka aus. Dem Leiter des Aufbau-Verlages war es zu verdanken gewesen, dass die Werke und Briefe Thomas Manns nicht nur in der BRD im S. Fischer Verlag, sondern auch in der DDR erschienen. Nach Jankas Verhaftung am 6. Dezember 1956 setzten sich Katia Mann und Johannes von Guenther wie viele Intellektuelle für ihn ein. Zu fünf Jahren Haft verurteilt, wurde Janka 1960 wegen internationaler Proteste vorzeitig entlassen, konnte aber – schwer erkrankt, von der Staatssicherheit bewacht, durch Berufs- und teilweise Reiseverbot beeinträchtigt – in seinem alten Leben kaum wieder Fuß fassen. Katia Mann und Johannes von Guenther standen bis in die Siebzigerjahre mit Janka in Kontakt, sorgten sich um sein Auskommen und, angesichts von Jankas geradlinigem, unvorsichtigem Verhalten, um dessen Sicherheit in der DDR. Die hier vorliegenden Briefe thematisieren u.a. den Tod Erika Manns, die am 27. August 1969 im Alter von 63 Jahren verstarb, die permanente Sorge um das Wohlergehen Walter Jankas und dessen Frau Lotte sowie, ganz am Schluss der Korrespondenz zwischen der 89-jährigen „Übergreisin“ und dem 86-jährigen Briefpartner, die Attentate in München während der Olympischen Spiele 1972. – (1. II. 1967): „[…] Dann wurde Golo bei seinem allabendlichen Rundgang mit den Hunden von unserem grossen Schäferhund mit solcher Wucht überrannt, dass er sich die Kniescheibe brach. Jetzt humpelt er mit einem greulich schweren Gipsverband auf zwei Krücken im Hause herum, und es ist zu hoffen, dass der Bruch heilt; bei dem seit jeher prekären Zustand seiner Kniee ist das leider keineswegs sicher. Möchte unserem Freund Janka doch die Auslandsreise bewilligt werden; ich würde es ihm so sehr wünschen. Dass er aber in die Schweiz kommen kann, halte ich für ausgeschlossen. An und für sich macht unser liebes Land für die Einreise aus der D.D.R immer die grössten Schwierigkeiten. Kann er sich doch, für den Besuch der ‚Tante‘, überhaupt um ein solches Visum bemühen. Wenn er aber nach München gelangt, wäre ich gern bereit, mich mit ihm, wie seinerzeit mit Frau Lotte, in Konstanz zu treffen […]“ – (22. XII. 1967): „[…] Erika war kürzlich in Berlin, und hat sich mit unserem gemeinsamen Freund getroffen. Er scheint recht unglücklich und leider auch sehr unvorsichtig zu sein […]“ – (3. IV. 1968): „[…] Die Unvorsichtigkeit unseres Freundes macht auch Erika und mir grosse Sorge. Seine Briefe werden doch bestimmt von der Zensur gelesen, und das kann doch nur schlimme Folgen haben. Etwas beruhigend ist, dass ich kürzlich aus Erfurt eine Karte von Lotte und Walter hatte, während er, als Erika in Berlin war, auch innerhalb der D.D.R nicht reisen durfte […]“ – (2. XI. 1969): „[…] Mit grossem Interesse habe ich mich in Ihre Memoiren vertieft, aber der überaus schwere Kummer über Erikas Tod und die verschiedenen sich daran schliessenden Verpflichtungen haben mich doch sehr in der Lektüre gestört, die ich nun fortzusetzen gedenke […] Ich wollte Sie fragen, ob Sie Nachricht von Jankas haben? Ich habe seit sehr Langem nichts von Ihnen gehört, und es beunruhigt mich, dass sie sich mit keinem Wort zu Erika’s Tod geäussert haben, mit der sie sehr herzlich standen. Noch vor zwei Jahren, bei einem Besuch in Berlin, hat sich Erika freundschaftlich mit Janka getroffen. Und bei seinem Mangel an Vorsicht muss man leider auf Schlimmes gefasst sein […]“ – (17. VI. 1971): „[…] Ihr Brief vom 22. Mai kam leider zu spät; ich konnte Janka telephonisch auch in München nicht mehr erreichen, er war bereits nach Berlin abgereist […] Ich bin Ihnen ja um drei Jahre voraus, im Juli werde ich 88 (!). Gewünscht habe ich mir ein so hohes Alter wahrhaft nicht, aber man kann nichts dagegen unternehmen; und wenn auch schon einigermassen mangelhaft, muss ich mit meiner Gesundheit doch leidlich zufrieden sein. Dass der Mensch im Grunde eine Fehlkonzeption war, wird, vermittels des ‚Fortschritts‘, ja immer deutlicher […]“ – (10. IX. 1972): „[…] Mir Übergreisin geht es ja gesundheitlich recht leidlich, mehr kann ich jedenfalls nicht verlangen; es fehlt nur an der rechten Lebensfreude; aber wie es aussieht in unserer Welt, woher soll man sie da nehmen?! Jetzt wieder die grässlichen Vorgänge bei der Olympiade! Leid tut mir auch der gute Bürgermeister Vogel, der sich so bemüht hat um die Abhaltung des sportlichen Weltfestes in seiner Stadt […]“ – Gelocht. – Beiliegen: 15 Gegenbriefe Johannes von Guenthers (Typoskript-Durchschläge). Ohne Ort (Kochel), 11. V. 1966 bis 24. VII. 1972. Qu.-Gr.-8°. Zus. ca. 24 Seiten