Schlegel, Friedrich von, Schriftsteller (1772-1829).

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Eigenhändiger Brief mit Unterschrift „Friedrich Schlegel“. Wien, 25. XI. 1810, 8° (14,5 x 10 cm). 4 Seiten. Doppelblatt.

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Beschreibung

Sehr inhaltsreicher Brief an den Altertumsforscher Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783-1829) in Berlin über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit: „[…] ich muß wegen meiner so lange verspäteten Antwort sehr auf Ihre Nachsicht rechnen. Denn selbst die Kränklichkeit die mir fast den ganzen Sommer geraubt, entschuldigt mich in meinen eigenen Augen nicht ganz. Ich hoffe, unser vortrefflicher Wolf hat Ihnen wenigstens gesagt, welch lebhaften Antheil ich an allen Ihren würdigen litter[arischen] Unternehmungen nehme. Von dem Pantheon habe ich viel Gutes gehört und die Einladung dazu konnte mir nicht anders als sehr angenehm seyn. Auch dieß hat meine Antwort noch mehr verzögert, daß ich immer hoffte etwas dafür schicken und auf diese Weise meine Schuld wieder gut machen zu können. Jene Kränklichkeit ist die einzige Ursache, daß ich in allen Arbeiten so zurückgekommen und kaum das Nothdringendste des Augenblicks habe beisteuern können. Daß ich selbst den literar[ischen] Theil des österr[eichischen] Beobachters redigire, würde wenn ich sonst ganz gesund und heiter gestimmt wäre, kein Hinderniß sein, denn manches Ausführlichere und mehr bloß für den literar[ischen] Theil der Leser Bestimmte würde vielleicht besser in Ihre Zeitschrift passen als in diese Zeitung, die für das größere und gemischte Publikum bestimmt ist. Hätten Sie nur veranlaßt daß ich das Pantheon zu sehen bekommen hätte, so würde ich das meinige gewiß beigetragen haben, es hier bekannt zu machen! Sie glauben nicht, wie spät man solche Sache ohne besondere Veranstaltung hier erhält. Doch würde, was ich Ihnen anzubieten hätte, viell[eicht] besser für das Altdeutsche Museum passen; z.B. einiges über provençalische Sylbenmaße mit Rücksicht auf altdeutsche Poesie. Wir könnten in dieser Hinsicht vielleicht eine Art von Tausch treffen, wenn Sie mir dagegen etwas für den österr[eichischen] Beobachter geben wollten. Ich wünschte grade in Berlin einen fortgehenden Correspondenten dafür zu haben, für alles merkwürdige Literarische was dort geschieht u. erscheint, besonders aber für altdeutsche Literatur; denn das letzte würde mir in jeder Rücksicht das wichtigste sein. Wenn Sie sich dazu entschließen könnten, so geht meine Bitte wie sich versteht, zugleich an H. von Hagen. Auch Wolf bitte ich nebst den herzlichsten Grüßen an sein gütiges Versprechen für unseren Beobachter zu erinnern. Hat er selbst nicht Zeit, so könnte er doch einen oder den andern von den Seinigen aufmuntern, dies löbliche Werk statt seiner zu erfüllen. Ich wünschte aus vielen Ursachen, grade jetzt eine lebhafte literarische Mittheilung zwischen Berlin und Wien zu unterhalten und zu veranlassen. Wenn Sie Ihr zweites Sendschreiben über den Titurell mit einem Andenken an mich begleitet haben, so kann mir dies nicht anders als sehr schmeichelhaft seyn. Möchte ich nur erst freie Muße genug gewinnen, um durch thätige Beförderung altdeutscher Poesie und Literatur eine Auszeichnung dieser Art zu verdienen! Meine Wünsche sind ganz auf dieses Ziel gerichtet, und nur die Zeit betrachte ich ganz als die meinige, die ich der Poesie u. zwar der deutschen widmen kann. Docens Bruchstück des Titurell ist höchst merkwürdig; und seine Art der Behandlung desselben gefällt mir über den Ausdruck wohl, er deutet mich wahrhaft classisch. – F[ouqué]’s Sigurd ist mir von aller neuen Poesie seit der Genoveva [von Ludwig Tieck] das liebste und erfreulichste, auch meine eigne poetische Stimme in der Wüste nicht ausgenommen. Daß auf den Jahrmärkten von derselben keine Erwähnung geschieht, ist leider aus einem sehr allgemeinen und nicht eben ehrenvollen Grunde begreiflich. Und eben weil es ein Grund dieser Art ist, würde es mich freuen, wenn einer aus Ihrem Kreise einmal ein Wort darüber sagte. Was polit[isch] anstößig sein könnte, läßt sich ja leicht umgehen. Von Collin und Hammer [-Purgstall] dürfen Sie vieler Geschäfte halber für das Panth[eon] nichts erwarten, Stoll ist in Paris; an Frischen habe ich Ihren Auftrag bestellt, doch kenne ich diesen nur wenig […]“ – Die erwähnten Zeitschriften sind „Pantheon, eine Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst“, hrsg. von Büsching und Karl Ludwig Kannegiesser (1781-1864), 3 Bde. (1810) und „Museum für altdeutsche Literatur und Kunst“, hrsg. von Büsching, Friedrich Heinrich von der Hagen (1780-1856), Bernhard Joseph Docen (1782-1828) und Bernhard Hundeshagen (1784-1858), 2 Bde. (1809-11); der „Oesterreichische Beobachter“ erschien vom 2. März 1810 bis in Jahr 1848. – Die erwähnten Personen sind Friedrich August Wolf (1759-1824), Heinrich Joseph von Collin (1771-1811) und Joseph von Hammer (-Purgstall; 1774-1856), die Bücher B. J. Docen, „Erstes Sendschreiben über den Titurel: enthaltend die Fragmente einer vor-Eschenbachischen Bearbeitung des Titurel“ (1810; die geplante Fortsetzung Büschings erschien nicht), F. H. de La Motte-Fouqué, „Sigurd, der Schlangentöter“ (1808) und L. Tieck “ Leben und Tod der heiligen Genoveva“ (1800). – Stark gekürzter Druck in Auszügen: F. Schlegel, Kritische Ausgabe, Bd. 27 (2025), Nr. 361, Seite 433 (nach einem Auktionskatalog). – Schlegel wurde wegen seiner konservativen Haltung von den Organen der jüngeren Romantiker totgeschwiegen. – Schön erhalten.