Canetti, Elias, Schrifsteller und Nobelpreisträger (1905-1994).

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift Zürich, Klosbachstr. 88, 28. I. 1977, 4°. 1 Seite.

Nicht vorrätig

Beschreibung

Sehr schöner Brief an die Gattin des Phonetikers Eberhard Zwirner mit Dank für deren Brief und eine Abschrift des Reiterlieds (von Friedrich Schiller): „[…] Da ich ‚Die gerettete Zunge‘ rein aus der Erinnerung niedergeschrieben habe, war ich nicht sicher, wie Zeile 3 und 4 weitergehen, und sehe nun, dass ich sie falsch im Gedächtnis trug. Jetzt ist, dank Ihrer Sendung, das ganze Gedicht für mich wieder da. | Vielleicht sollte ich Ihnen auch sagen, dass ein Teil der ‚Geretteten Zunge‘ durch ein Versehen in der Setzerei der FAZ weggefallen ist. Es handelt sich um Teil 4, Zürich 1916-1919. Falls Sie auch diesen Teil kennen möchten, so finden Sie ihn im Lese-Exemplar, das zum Glück vollständig ist. | Vor einigen Jahren war ich zu einer Vorlesung an der Universität Münster eingeladen und lernte da das Land und die Menschen ein wenig kennen. Man führte mich in das schöne Haus der Annette und in einige der Wasserschlösser. Ich war von der Landschaft und auch von der Art der Menschen, die ich in der kurzen Zeit dort traf, tief beeindruckt […] Und nun habe ich eine grosse Bitte an Sie, sie ist das Hauptanliegen dieses Briefes: lesen Sie nicht die ‚Blendung‘. Es ist ein sehr düsteres Buch, vor 45 Jahren aus Verzweiflung über den Zustand der Welt geschrieben. Die furchtbare Grausamkeit, die ich heraufkommen sah, ist – gerade durch das Entsetzen über sie – in dieses Buch eingegangen. Die Lektüre würde Sie nur verstören und bedrücken […] Literarisch stehe ich durchaus dazu, ich stelle mir vor, dass es Ihren Mann als Psychiater interessieren könnte, aber Sie selber möchte ich davon verschont wissen […]“ – Oberrand mit kleiner Läsur.